SCHREI AUF e.V.

Menschen I Säulen I Krallen

„Menschen verbindet ein Bedürfnis nach Halt, Sicherheit und Orientierung in ihrem Leben. Im Unbewussten werden daraus Überzeugungen und Wahrnehmungsstrukturen geformt, die einem bestimmten Selbstbild und Platz in der Gesellschaft entsprechen.

Oft tragen Menschen diese Überzeugungen sichtbar vor sich her, verteidigen sie gegen äußere Einflüsse und schützen sie vor Beschädigungen – wie starre, unverrückbare Säulen. Die Dimensionen der eigenen Säule werden selten wahrgenommen, die Säulen anderer aber werden gesehen, verurteilt, verspottet und angegriffen. Vielfalt ist zwar eine Möglichkeit, jedoch niemals eine Garantie.“

Der Hintergrund der Performance war, dass manche Menschen sich stark an gewisse subjektive Wahrheiten zu krallen scheinen, was sie oft nicht bemerken, aber beruhigt. Ein Austausch hingegen geschieht kaum, die Positionen sind fest, da alles außer bedingungslosem krallen scheinbar einen Identitätsverlust nach sich zieht. Selbst Bits anderer Personen werden ohne Ansicht verworfen.

Die Performance war für zweieinhalb bis drei Stunden angesetzt.
Die Säulen wurden um 15h aufgestellt, damit diese zuerst auf die Passanten wirken und Raum einnehmen können. Einige Zeit später traten wir vier Performenden langsam und bedacht aus dem Hans-Jonas-Park auf unsere jeweiligen Säulen zu. Die Umwelt existiert für uns nicht, nur die Säulen.
Nachdem wir diese erreicht hatten, verharrten wir für fast eine halbe Stunde. Krallend, sich anlehnend, was auch immer der jeweilige Charakter mitbringt und mit der eigenen Säule verbindet. Danach bemerkten wir immer mehr an unseren Säulen; zuerst die Form, dann die Oberfläche, und damit die Bits. Diese sind nach außen hin weiß, zeigen aber innen eine Farbe und geben damit eine Idee über das Innere der Säule. Sie werden erkundet, gezogen, fallen gelassen, bewundert. Wir erkunden unser Innenleben und bekennen Farbe, wissen aber noch nicht viel damit anzufangen.
Durch die Interaktionen mit den Bits erweitert sich die Wahrnehmung, es wird nach und nach der Boden wahrgenommen, anschließend die anderen Darstellenden.
Kontakte untereinander entstehen, die Bits werden ausgetauscht, manche werden vehement abgelehnt. Diese Interaktionsphase markiert das Ende der ersten Performancehälfte. Das Spiel mit den Bits nimmt den umliegenden Raum ein, bis nach ca. 40 Minuten das Publikum wahrgenommen wird. Die Umstehenden werden zur Interaktion eingeladen, diese Phase dauerte länger als die angedachten 30 Minuten, da sich einige Kinder über die Installation freuten. Ziel war es, die Säulen mehr oder weniger komplett in der eigenen Farbe zu halten, analog zu den Leuten, die selten bis kaum die Bits aus der Welt anderer annehmen. Andere Farben in der eigenen Säule wirken eher subtil; bis wir auf andere Menschen abfärben, dauert es nun mal – auch, wenn wir solche Ergebnisse am liebsten nach einem einzigen Gespräch sehen wollen.
Nachdem dieses Ziel erreicht worden ist, verlangsamen wir und bewegen uns in unsere „krallenden“ Positionen zurück und verharren schließlich wieder.
Die Performance wird mit einem Schrei aller Darstellenden beendet.

Die Zuschauenden, die nicht von der Performance wussten, waren teils belustigt, verwirrt, einige wenige zeigten kein Verständnis. Im interaktiven Teil der Performance gab es einige Kinder und einige Jugendliche, die mit uns, Säulen und Bits interagiert haben. Erwachsene haben sich scheinbar nicht recht in die Interaktion getraut.
Diejenigen, die von der Performance gewusst haben, waren interessiert, haben sich in die Interaktion getraut und haben hinterher alles sehr positiv bewertet: Zum einen die Tatsache, dass dies eine reine Outdoor-Performance gewesen ist und mit eigenen Schwierigkeiten daher kommt, zum anderen, dass das Thema Kommunikation hier generell nicht aus einer positiven Sicht behandelt worden ist und dass eine Performance gerade in Mönchengladbach auf diese Art selten bis gar nicht vorher gab und damit eine Nische gefüllt wurde, die auch noch weiter ausgebaut werden kann und sollte.

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