SCHREI AUF e.V.

Barbie

Datum,Ort: 03.08.2019, Mönchengladbach

Projektleitung: Miriam Eszer und Annie Hinzen

Beteiligte Person/en (mit Rollen) : Malte Claus (Requisite)

Zunächst kam es durch eine Teilnehmerin des Performance Teams 2019 bei einer internen Performance zu der Idee. Ursprung waren sexistische Werbungen, die die Firma „Barbie“ produziert und mit der sich insbesondere junge Mädchen von Stereotypen und vermeintlichen Konformitäten berieseln lassen (müssen). Dabei stellte die Darstellerin sich auch die Frage, ob sie ihrer Tochter untersagen möchte, solches Spielzeug zu nutzen, beziehungsweise, wie ein reflektierter Umgang mit dieser Thematik gefunden werden kann.

Schnell zeigte sich, dass diese Werbung tief blicken lässt – in unsere Gesellschaft, in der „Barbies“ „Mädchenspielzeuge“ sind, eine Frau „perfekt“ zu sein hat und die Normierung auf eine Rolle mehr Gewicht mit sich bringt als das individuelle Sein. So wird Barbie in den Spots nur als schön dargestellt, wenn sie top geschminkt und stylish gekleidet ist, sonst wird sie der zugeschriebenen Rolle nicht gerecht.

Nun – dieses Rollenbild wollen und können wir nicht annehmen – es muss unsere Aufgabe sein, mit diesen Rollenbildern zu brechen, sie in Frage zu stellen und öffentlich zu diskutieren. Aus der internen Performance wurde somit eine Performance, die auf die Straße musste.  Nicht nur wir sollten diskutieren, denken, kritisieren dürfen, nein. Ein solch wichtiges, von der Gesamtgesellschaft produziertes Stereotyp muss sich insbesondere in die Kontroverse der Öffentlichkeit begeben, denn nur so können Missstände und falsche Zuschreibungsmuster aufgedeckt und hinterfragt werden – von allen Zuschauenden.

Wir, die Performerinnen haben sich gemeinsam mit einem Awareness-Team vorbereitet. Wir Darstellerinnen wurden in einem lebensgroßen Barbie-Karton auf den Alten Markt gefahren und „ausgepackt“. Somit standen wir in beigefarbenen Bodys („nackt“) bereit, um uns von den Zuschauenden einkleiden, frisieren und schminken zu lassen.

Durch die Aufforderung: „Hallo, ich bin Performance-Barbie, spiel mit mir!“ versuchten wir, die Aufmerksamkeit der PassantInnen zu erregen und diese zur performativen Teilhabe anzuregen. So wie wir selbst überzogen geschminkt und gestylt waren, so war auch unser „Spielplatz“ überspitzt gestaltet. Etwa 30 Kleider, Röcke und Oberteile, Make-Up, Hüte, Ketten, Schuhe, möglichst in Pink und das Stereotyp Mädchen übertrieben dargestellt, waren unsere Bühne. Natürlich durften die blonden Haare nicht fehlen in der überzogenen Darstellung des Stereotypes Barbie.

Gleichzeitig haben wir Sprüche, die der ursprünglichen Werbung entlehnt waren, verzerrt und zur Provokation genutzt. So haben auch Sprüche wie: „Du bist schön wie du bist, wenn du bist wie ich!“ oder „Ich bin ein Mädchenspielzeug!“ dann Platz gefunden, wenn die Zuschauenden zum Spielen angeregt waren, gerne auch bei spielenden Männern.

Malte Claus hat sich zusätzlich im Hintergrund aufgehalten, um bei eventuellen Übergriffen sofort handlungsfähig zu sein und zur Wahrung unserer Grenzen einschreiten zu können.

Ein für mich besonderes Erlebnis war es, als sich zwei Männer dazu entschieden, mich einzukleiden und ein dritter Mann aus der Entfernung Tipps zurief. Aus meiner Rolle heraus habe ich ohne Struktur die verschiedenen Sprüche von mir gegeben, wiederholend und zusammenhangslos, doch die Männer haben versucht, aus den von mir gesagten Dingen, eigene Handlungsanweisungen abzuleiten.

Die drei Männer haben sich als sehr vorsichtig im Umgang erwiesen und sind, obwohl leicht alkoholisiert, sehr respektvoll mit mir und meinem Körper umgegangen. Wir haben uns auf negative Rückmeldungen vorbereitet und waren überrascht, wie positiv wir angenommen wurden.

Dennoch war der Anlauf recht gering, die Menschen hatten Berührungsängste, vielleicht auch, weil wir die Stereotype so plakativ und doch verzerrt dargestellt haben. Auf jeden Fall wurde dem Projekt Beachtung geschenkt und viele Menschen sind zum Schauen und Erfragen stehen geblieben, was wir nun zu vermitteln versuchen.

Damit ist der Anspruch, die Thematik in die Öffentlichkeit zu tragen zumindest punktuell gelungen und hoffentlich konnte die performative Darstellung weiblicher Stereotype auch nachhaltig zum Denken anregen.

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